Kein Titel

Taifun hat ganz unsportlich angetäuscht und ist an Japan vorbeigezogen. Das hieß heute wieder schwülwarmes unerträgliches Wetter. Heute also zweiter Schultag. Animation und Manga stand auf dem Stundenplan. Unsere Klasse hatte sich irgendwann gegen zehn Uhr halbwegs vollständig eingefunden. Der Lehrer nahm’s gelassen.

Die sehr unterschiedlichen Schüler arbeiteten weiter an ihren Projekten, mal mit dem Tausende Euro teuren Grafiktablett-Bildschirm, mal ganz altertümlich mit Stift und Papier. Michael und ich durften uns kleine Intuos Grafiktabletts anschließen. Ich stelle fest, dass ich so ein Ding echt brauchen kann, damit kann man doch recht gut arbeiten.

Unser Lehrer hatte dann irgendwann spitz gekriegt, dass ich mich ziemlich für Anime interessiere. Dann war er nicht mehr zu halten und quasselte mich eine Stunde lang auf japanisch zur Manga- und und Otakuszene voll. Ich verstand ungefähr 5% obwohl es mein Fachgebiet ist. Das zeigte mir wieder extrem, wie schlecht mein Japanisch ist.

Ich habe dann nur noch am Rande mitbekommen, wie die Diskussion irgendwann bei Seifukus landete. Ich werde mir daran ein Beispiel nehmen. Ich denke, ich fange bei den Plakaten fürs nächste Semester Animereferat in der Hochschule damit an. Mal sehen, wie das ankommt.

Apropos. Da ich grade keine ordentlichen Fotos zur Hand habe, mal ein paar Schüsse des hübschen und bis ins hinterste Eck detaillierten Mitbringels.

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Noch ein Foto meiner Mitschüler, von dem ich nicht weiß, ob ichs posten darf, daher geschwärzt. Cosplay ist hier nicht irgendwelchen Conventions oder Messen vorbehalten, sondern hat etwa den Stellenwert eines Hobbies oder Modetrends. Viele junge Leute auf der Straße haben auch als normale Alltagskleidung eine Art Kostüm an, nur nicht so extrem wie das klassiche Cosplay eines Anime- oder Mangahelden. Es ist eher dezenter und modischer, mit verschiedenen Stilrichtungen. Ich denke, wenn ich mit dem Tele unterwegs war, werde ich das zeigen können.

In der Zeitung war ich übrigens auch. Extra nochmal in Vergrößerung… Der Bürgermeisterbesuch hat ganze zehn Minuten gedauert. Und dann so ein Wirbel. Tsss.

Mit meinen Gasteltern läuft soweit alles Bestens. So gut, mittlerweile, dass ich mich ständig frage, ob nicht doch irgendwas ganz krumm läuft von dem ich nichts mitbekomme. Die Japaner planen ja tagtäglich hinter dem Rücken der deutschen Gäste, stellen Gerüchte und Verschwörungstheorien auf, dass es einem die Haare aufstellt. Wenn man dann gefragt wird, wieso und weshalb man dies und jenes, kann man nur noch mit ratlosem Gesichtsausdruck antworten, was zum Teufel denn gemeint sei. Denn man hat ja gar nicht dies und jenes. Heute habe ich dann meine Gasteltern irgendwie kreuzdämlich gefragt, ob alles soweit ok sei. Ich habe nicht mit einem hartnäckigem japanischen „Warum?“ gerechnet, das ich erst nach einer halben Stunde aus der Welt geschafft hatte (Es gab kein „warum?“).

Zum Schluss noch ein Foto aus der Nähe des Schreins. Dies kann als ganz normaler Stadtanblick durchgehen.

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Kulturelle Tretminen 2

Dieser Artikel wird mehrere Tage verzögert publiziert. Denn mittlerweile habe ich Internet.

Erster Schultag. Um 6:45 Uhr aufgestanden. Ich mache Praktikum in einer Medien- und Kunstschule. Die Zeitverschiebung ist wirklich hilfreich, ich weiß aber nicht wieso, denn wir sind Deutschland ja sieben Stunden voraus, nicht hinterher. 7:15 Uhr Frühstück extra von Mama zubereitet. Es gab warmes Weißbrot mit Marmelade, Pilzen und einen Gemüseteller. Ich muss aufpassen, mich nicht dran zu gewöhnen. 8 Uhr zum Bus, 8:10 Uhr in der Stadt angekommen. Ich muss in der Schule um 9 sein und laufe 5 Minuten von der Bushaltestelle dahin, aber obwohl Papa das mit der Stoppuhr gemessen hat, unter Grinsen von Gastmama, darf ich nicht den Bus um 8:26 Uhr nehmen.

Okay, macht nichts. Eine halbe Stunde verbringe ich gerne auch damit, die äußerst adretten Uniformen anzuschauen, die radelnd und laufend durch die Gegend huschen auf dem Weg in die Schule. Komischerweise sind es weitaus mehr Mädchen als Jungs. Das hat jetzt auch erst mal gar nicht so viel mit irgendwelchen unanständigen Gedanken zu tun, die sich zweifelsohne aufdrängen. Es sieht wirklich einfach nur äußerst extrem wahnsinnig schick aus und ist irgendwie witzig, denn vor allem morgens und nachmittags gehört es zum Stadtbild dazu wie in Deutschland der Radfahrer.

Darüber hinaus sehen die jungen Japanerinnen tatsächlich wie aus einem Anime geschnitten süß aus, zusammen mit den eleganten Frauen auf dem Weg zur Arbeit und den Männern, die alle oben weiß unten schwarz tragen. Es vermittelt ein Gefühl von Ehrfurcht vor diesem Land und diesen Menschen, mir kommt Europa zunehmend chaotisch, barbarisch und rüpelhaft vor (Entschuldigung). Um noch ein wenig bei dem Thema Mode zu bleiben: Die ist hier ebenfalls sehr wichtig. Gut gekleidet zu sein ist wichtig und man wird sich bereits Underdressed vorkommen, wenn man auf der Straße in kurzen Hosen rumgurkt. Das Stadtbild ist hier auch von kurzem Rock und allen Arten und Längen von Kniestrümpfen geprägt, was hier sehr elegant aussieht.

Trotzdem zögere ich meine Kamera zu offensiv zu benutzen, nicht nur dafür. Ebenso wie ich zögere auf offener Straße auffällig etwas zu essen oder Leute zu lange anzustarren. Das macht man hier einfach nicht, auch wenn alle sehr freundlich sind. Ich bleibe aber trotzdem immer der Fremde, der gerne auch mal ignoriert wird oder von Jüngeren neugierig-grinsend angeschielt wird.

Okay, also um 9 angekommen in der kleinen privaten Medienschule mitten in der Stadt werden ich und Jolinka erst einmal begrüßt und den Sensei (Lehrern) vorgestellt. Meishi (Visitenkarten) werden auch ausgetauscht. Ich merke, dass ich mir japanische Namen einfach nicht merken kann… Zum Glück kann die Lehrerin gut deutsch, denn meine Klassenlehrer können es gar nicht. Das wird bestimmt lustig. Ebenfalls vorgestellt wurden wir zwei dem Praktikanten, der den Rest des Vormittags erst einmal damit verbrachte, uns Utsonomiya zu zeigen. Wir schauten und also die lokale Shoppingmeile an und den sehr schönen Schrein. Anschließend hab es Essen, natürlich diesmal auf Kosten der Schule (hoffe ich jedenfalls, dass nicht unser Praktikant das bezahlt hat).

Nach einer japanischen Führung durchs Rathaus, von der ich und Jolinka genau gar nichts verstanden aber immer eifrig nickten und zustimmten, damit es endlich weiterging, besuchten wir noch kurz einen Anime- und Mangashop. Natürlich hatte ich schnell herausgefunden, dass der Praktikant auch auf Anime steht – wenn auch auf die Sorten, die ich so gar nicht gern sehe. Immerhin, einer der Lehrer erkannte die Lucky Star Figuren bei der Rückkehr. Sie wollten wissen, was wir gekauft hatten, doch zunächst wollte ich damit nicht rausrücken. Immer noch bin ich sehr auf der Hut vor jedweden Fettnäpfchen. Auch die Kommunikation mit Jolinka musste am Morgen zunächst den Formalitäten und Begrüßungen weichen. Später war es dann aber ein netter Rundgang durch die Stadt zu dritt, und ab 14 Uhr war dann frei. Ich rief meine Gastfamilie an und teilte wie versprochen mit, falls und dass ich noch in der Stadt bleiben möchte. In dieser Hinsicht sind sie wirklich sehr tolerant.

Also probierte ich in der Stadt noch einmal Takoyaki (Ich hoffe, das stimmt jetzt) den mit süßen Bohnenpaste gefüllten, fischförmigen Backteig (Uguu~~~). Auf dem Rückweg nahm ich noch sehr einfallslos die obligatorische Wassermelone mit. Zunächst wollte ich die Honigmelone einstecken, die hatte keine Preisauszeichnung. An der Kasse traf mich dann jedoch der Schlag. 30000 Yen, also 25 Euro, für eine Honigmelone. Ich überlegte fieberhaft, wie ich mich aus der Misere manövriere, und fragte dann ganz unschuldig und naivdämlich, ob das eine Wassermelone sei. Das war es nicht, und ich durfte mir eine Wassermelone holen, die ich natürlich von Anfang an wollte. Glück gehabt. Das ist Japan, und so etwas passiert einem ständig.

Okasan-Gastmama war jedenfalls sehr dankbar, es endete (natürlich trotz allem Widerspruch) in einer kurzen Fahrt zum Supermarkt und ich musste mir was Süßes aussuchen. Ziemlich unwillig tat ich es, denn nach den ständigen Festessen war mir so gar nicht nach irgendwas zumute und ich wollte auch nicht gleich den Gegenwert der Melone in den Korb legen.

Abends also wieder langes Abendbrot mit langer und erstaunlich tiefsinniger Diskussion über christliche, islamische und japanische Religion, wobei Letzteres ja nicht so wirklich Religion genannt werden kann. Das gemeinsame, ausführliche und lange Abendbrot (Dinner) wird zur Regel, oft mit bis zu zwei Stunden Essen und Reden. Ich hatte die große Ehre – glaube ich – dass ich den Hausaltar gezeigt bekam, gut versteckt im verschließbaren Schrank. Dort wird den Eltern und Großeltern und der Katze mit einem Bild, Kerzen und Räucherstäbchen gedacht und sie sind quasi als Gott-Ersatz immer präsent. Ich fand das komischerweise superspannend. Wir waren uns auch einig darüber, dass Religionen wie das Christentum oder der Islam, die monotheistisch sind und gegenüber anders denkenden Menschen ignorant bis intolerant sein können, uns nicht gefallen. Oder so ähnlich.

Anschließend sprachen wir über die Finanzierung von Studium und Japanreise, was nicht so einfach zu erklären war, aber meine Gasteltern müssen gemerkt haben, dass ich sehr sparsam bin. Nein. Sein kann. Denn nach Akihabara habe ich mich schon gewundert, wo meine Kohle geblieben ist, die ich aus Deutschland mitgenommen hatte. Das Abheben mit der Kreditkarte hat aber zum Glück gut geklappt.

Dann sprachen wir noch darüber, warum in Anime die Frauen immer die Starken sind und wie es im Rest der Welt so ist. Wahnsinn, worüber man sich bereits nach zwei Tagen unterhält, in Japenglisch. Man kündigte mir für das Wochenende einen Besuch im eine Stunde entfernten Ferienhaus (?) des Otosan an, das wohl auch einen Onsen beinhaltet. Womöglich vermietet er es. Ich stelle fest, dass ich die Familie noch gar nicht gut kenne. Doch ich werde zunehmend integriert, auch wenn ich immer noch nicht die Dusche hinter mir saubermachen darf.

Gestern und heute wieder strahlte ich wie ein Lebkuchen im Ofen, weil man mir einen guten „common sense“ nachsagte. Na wo das wohl herkommt – und wer wohl jetzt strahlt. Lag jedenfalls daran, dass ich ständig frage, ob ich darf und ständig darauf hinweise, doch nicht so opulent zu kochen – nur um sofort klarzustellen, dass es schmeckt. Außerdem bin ich wohl der Erste, der sich zurückrufen lässt damit die Gasteltern das nicht bezahlen müssen. Ich fasse es nicht. Vielleicht liegt es daran, dass mir so viel Toleranz von Seiten der Gastfamilie entgegenschlägt.

Doch endet die Toleranz auch, wenn es heisst: Nein, 8 Uhr Bus, alles andere ist zu spät. Ich nehme auch an, dass es noch andere Gründe hat. Also gut. Dafür konnte ich erfolgreich erklären, dass ich bei 25 Grad Nachttemperatur nicht das Fenster schließen werde, um nicht zu erfrieren.

Schlussbemerkung: Himmel, Arsch und Zwirn. Ich will endlich irgendwie Internet. Gastpapa erzählt mir mehrmals wie günstig Mailen ist, ich frage mehrmals, ob er immer das gleich zahlt egal wie viel er surft oder mailt. Trotzdem komme ich mit diesem Thema nicht weiter. Ich fühle mich wie Marco Polo auf dem Pazifik. Oder wo der da langgesegelt ist. Fotos geschossen bis Heute, Tag 13: ca. 1000 Stück. Allerdings zur Zeit dieses Beitrags keine besonders zeigenswerten, da ich alle Hände voll zu tun habe, mich einzuleben.

O-Matsuri und Youth Week

Es ist gar nicht zu beschreiben, wie herzlich, warm und freundlich die Atmosphäre bei der Abschiedsfeier der Youth Week der Deutsch-Japanischen Youth Summit in Tokio war. Es wurden Dankesgeschenke ausgetauscht und wieder einige Millionen Fotos geschossen. Ich mit Dir, Du mit mir, wir mit euch, ihr mit uns, ich mit euch, ihr mit mir, wir mit uns, ihr mit euch. Leider habe ich – unverzeihlich – das Abschiedskonzert und den Beginn der Feier verpasst, weil mich Tokio zu lange in seinem Griff gehalten hat. Wie kam das?

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Über Akihabara habe ich ja schon geschrieben. Also habe ich mit einem Freund zusammen am Freitag ein weiteres Mal dieses Viertel (sowie Ikebukuro, welches ebenfalls einem Otaku eine Menge bietet) besucht. Es ist unglaublich. Man mag ja glauben, nach vier Tagen hat man langsam alles gesehen. Ja Denkste. Jedes Haus hat sein dutzend Stockwerke, und wenn man nicht aufpasst, übersieht man gerne mal einen Eingang. In einer Seitenstraße jedenfalls war außerdem grade ein kleines O-Matsuri im Gange, sehr authentisch und sehr fröhlich. Die Menschen tanzten alle zu Trommel und traditioneller japanischer Musik und empfingen uns Gaijins sehr herzlich.

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Bereits am Donnerstag abend waren wir dort extrem aufgefallen, da wir in Anzug und Krawatte sowie alle anderen Japaner überragend nicht zu übersehen waren. So probierten wir jede lokale Spezialität von diversen Fischspeisen bis zu dem berühmten gestossenen Eis mit Sirup. Ich würde dafür sofort jedes italienische Eis links liegen lassen, denn bei der Hitze ist das einfach nicht zu schlagen. Am Interessantesten fand ich die Mischung der Tänzer im Kreis um die Bühne zur Musik: da tanzten blutige Anfänger zusammen mit eleganten, in Kimono gekleideten Mädchen zusammen mit sehr niedlichen, in Kimono gekleideten Kindern zusammen mit einer Meido und einem Schulmädchen in Seifuku. So etwas sieht man nun wirklich nur in Japan.

So verbrachten wir den Abend auf dem Fest und merkten etwas spät, dass wir noch auf einem Abschiedsfest sein sollten. Dennoch, wir kamen noch rechtzeitig und klitschnass an, so dass wir uns nach einer kurzen Dusche zu besagtem Dinner und Abschiedsfest gesellen konnten. Ich ignorierte also noch etwas länger meine Füße, denn ich habe noch nie im Leben solche Schmerzen gehabt nach 11 Tagen Dauerlauf in Tokio. Es gab jeden Abend nichts schöneres, als sich im kühlen Luftzug der Klimaanlage aufs Bett zu werfen, den Laptop anzuwerfen und die Bilder zu kopieren. Ich darf gar nicht erzählen, dass es nicht nur einmal passiert ist, dass ich erst am nächsten Morgen Laptop und Zimmerlicht wieder ausmachen durfte. Einschlafen nach zehn Sekunden – das soll mir erstmal jemand nachmachen.

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Aber zurück zum besonderen Abend. Das Interessante auf diesem Abschiedsfest von der Youth Week war die Beobachtung, dass die Japaner uns Deutsche weitaus häufiger beschenkten als umgekehrt. Ich hätte irgendwie erwartet, dass jeder der Deutschen mindestens einen Kontakt hat, dem er in irgendeiner Weise dankbar sein müsste.
Schließlich haben sich einige der japanischen Freiwilligen in dieser Woche unmenschlich verausgabt, um uns einen der schönsten Aufenthalte in einem Ausland zu bieten, die man haben kann. Eigentlich hätte der Hauptorganisator der freiwilligen Zusatzevents (wie Abends durch die Kneipen ziehen oder das Baseball-Spiel ansehen) mit Geschenken überhäuft werden müssen. Eigentlich war man darauf vorbereitet, dass man auf Gastgeschenke eine kleine Antwort haben sollte. Naja, ich bin wieder etwas lästig, entschuldigt bitte.

Sehr lieb fand ich die Mädels in meiner Gruppe, die nicht vergessen haben, dass ich am Ende des Youth Summit vor ein paar Tagen die Gastgeschenke für alle vier Japaner sponsern wollte und durfte, weil niemand etwas dabei hatte außer mir. Selbst obwohl wir am Tag davor mehrmals darüber gesprochen hatten. Aber ich kann das ein Stück weit nachvollziehen, denn ich habe mich auch mehrmals gefragt auf dem Weg zur Abschiedsfeier der Youth Week, ob es denn nun richtig ist, den drei japanischen Organisatorinnen etwas zu schenken, obwohl ich nichts wirklich mit Ihnen zu tun hatte. In der deutschen Kultur fragt man sich da gerne schnell mal, ob das nicht aufdringlich und zuviel des Guten ist.

Am Ende zeigte sich aber, dass es goldrichtig war. In Japan ist schenken wirklich nichts, was mit dem Sachwert zu tun hat oder mit der Größe des Geschenkes. Es ist die Art, Danke zu sagen. Ich bin außerdem ganz sicher, die Japaner haben ganz genau zur Kenntnis genommen, wie wir uns verhalten haben. Denn die Tatsache, dass unsere deutsche Hälfte der Youth-Summit-Themengruppe am heutigen Freitag etwas geschenkt bekam, war zum großen Teil eine Antwort und ein Dankeschön für die Geschenke (das „Danke“) des Youth Summit. Natürlich besteht die Kultur aus weitaus mehr als dem Schenken, aber es ist ein Paradebeispiel dafür, wie schwer es ist sich in dieser fremden Kultur zurechtzufinden. Manche haben es mehr im Blut als Andere, aber lernen kann es jeder der sich Mühe gibt.

Trotz aller Widrigkeiten war es also die genialste Woche meines Lebens, die freundlichsten Menschen die ich je kennen gelernt habe (auch auf deutscher Seite) und für alle sicherlich ein einmalig schönes Erlebnis. Das Karaoke habe ich trotzdem geknickt, sonst wäre ich wohl nicht mehr in der Lage am Samstag früh Koffer zu packen und zu meiner Gastfamilie zu fahren. Ich bin gespannt, was die nächsten Tage für mich bereithalten. Ich bin von Japan bisher absolut nicht enttäuscht worden – bis auf die fragwürdige Verfügbarkeit und Preis von Internet und den bekannten Badezeiten, die wir aber inzwischen weitestgehend aufgeweicht haben (Irgendwo auf der Welt ist immer Badezeit… Ich mach doch nicht das ganze Waschbecken nass… Ich habe gestern abend nicht…). Japan ist wirklich das Klischee, das jeder kennt. Nur ist es darüber hinaus noch so viel mehr. Danke an alle Teilnehmer, die sich die Mühe gemacht haben, an diesem Programm mitzuwirken.

Arigato.

Tokio Sightseeing

Heute gibt’s wohl mehr Fotos als Text, denn diese sprechen für sich. Das erste Mal fühlte ich mich nicht hektisch herumkommandiert sondern konnte in die Kultur eintauchen und in einer kleinen Gruppe stressfrei Tokio erkunden. Unser Gruppenleiter führte uns nach Asakusa, wo Schreine und Tempel an die Kultur und Tradition Japans erinnern. Auf mich machte das alles einen sehr touristischen und kommerzialisierten Eindruck, und ich bin sicher den älteren Bewohnern Tokios geht es genauso. Shoganai, würden die Japaner sagen. Dem ist nicht zu helfen. Japan öffnet sich der Welt und muss lernen, damit klug umzugehen.

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Unsere Gruppe besteht ja zur Hälfte aus Japanern und Deutschen. Darüber hinaus haben wir ein sehr breites Spektrum an individuellen Eigenheiten der Teilnehmer. Japaner, die kein Englisch verstehen. Deutsche, die sich nicht so gut an die Kultur anpassen können wie andere. Japaner, die sich sehr typisch japanisch verhalten. Deutsche, die nicht merken, wenn sie den japanischen Gruppenleiter überrumpeln. Japaner, die sich überhaupt nicht japanisch benehmen (die Mehrheit, und eine gefährliche Mischung von kulturellen Stolperfallen).

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Die deutschen Teilnehmer, die sich zu benehmen wissen, mögen mir verzeihen, wenn sie das hier lesen. Ich bin zum Teil schockiert bis angewidert, wie sich manche deutsche Teilnehmer verhalten. Da wird dann einfach mal direkt nach einer Bootsfahrt gefragt, und mehrmals nachgehakt bis der Gruppenleiter einlenkt (und sich später nur mit Hilfe der japanischen Kollegin aus der Schlinge retten kann, um den Zeitplan seiner für uns akribisch vorbereiteten Tour einzuhalten). Und weil er dann wegen uns Trödlern einen Programmpunkt nicht erfüllen kann, muss er sich bei uns entschuldigen.

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Nun, zwischendurch waren wir gemeinsam zu Mittag. Echt genial. Auch wenn unser japanischer Gruppenleiter manchmal den Eindruck machte, als habe er zu viele Schlaftabletten genommen, war er sehr gut vorbereitet. Das Essen fand in einem typischen japanischen Restaurant auf Tatami statt, was für eine sehr unbequeme Sitzhaltung sorgte. Ich konnte dann aber endlich ein kleines Experiment veranstalten. Während sich die Deutschen selbst reichlich bedienten, bis die Kanne mit Wasser leer war, schenkte ich unserer ruhigen und stillen Typisch-Japanerin ein. Wie erwartet wurde mir angeboten, mir nachzufüllen. Es geht durchaus, sich an die Kultur anzupassen, ohne seine eigene Identität zu verlieren. Auch das korrekte Ablegen der Essstäbchen wurde von der Japanerin anerkennend zur Kenntnis genommen. Ich war echt happy, dass das ganze Anime gucken nicht völlig umsonst war. Gut, genug selbst beweihräuchert, es sind eben nicht alle auf dem gleichen kulturellen Wissensstand. Das Foto ist… naja ^^“

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Nach der Diskussion hieß es flott duschen, denn um halb acht ging es weiter zum O-Matsuri, dem alle drei Jahre stattfindenden Festival in Tokio. Leider macht es um 10 Uhr bereits zu, so dass wir nur einen Hauch dessen erhaschen konnten, was uns dort erwartet hätte. Es findet zwar am Sonntag noch einmal statt, aber da hat die DJJG schon einen Arbeitstag angesetzt, das heißt Diskussion und anschließende Präsentationsvorbereitung (Nach einem langen und ausflugreichen Tag).

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Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überraschen, aber ich frage mich, ob wenige Stunden interkultureller Austausch und das Anfertigen einer Präsentation am Sonntag Abend durch vom Reisen müde Teilnehmer so innovativ und zukunftsweisend sein können, wie es der Summit gerne wäre oder wie ihn die DJJG gerne hätte.
Und das nächste Mal: Wieviel Bier verträgt ein Japaner?